Benimm im Restaurant, was tun mit Problemgästen?

Ende der 70ger Jahre wurde ein Bekannter in Berlin nicht ins „Maitre“ (damals ein Nobelrestaurant mit zwei Michelin Sternen) gelassen, weil er keine Krawatte trug sondern einen Rollkragenpullover. Auch sein Einwand „es ist doch ein Kaschmirpullover“, verhalf ihm nicht zum ersehnten kulinarischen Genussabend in der Meineckestraße in Charlottenburg.

Die Zeiten sind vorbei. Die Krawatte allein macht’s ja schließlich auch nicht. Aber ein gewisser Dresscode, Stil, angemessenes Outfit sollte schon sein in guten Restaurants, in schönen Hotels, bei bestimmten Anlässen. In der Traube Tonbach, im französischen Restaurant mit langen Wartelisten für den Abendtisch, drückt Hausherr Finkbeiner am Mittag schon mal ein Auge zu, wenn es um Jackett, Hemd und Krawatte geht. Doch am Abend sollte man (Mann) schon auf den „Halsschmuck“ achten. Aber was ist denn heute „angemessen“ – wo es doch kaum noch Maßanzüge gibt?

Der „Gesamteindruck“ muss stimmen. Nicht nur das Ambiente, auch die Gäste sorgen für die gehobene Atmosphäre, und Baseballkappen, Jogginghosen, Sandalen, Sweatshirts und kurze Hosen passen nun mal nicht in ein edles Ambiente. Man kann auch im Polohemd, mit Jeans und Freizeithosen schick aussehen – nur Stil muss man beweisen. „Tradition ohne Staub“ nennt der Chef von „Jimmy’s Bar“ im Hessischen Hof in Frankfurt seine Philosophie, aber „kurze Hosen oder Turnschuhe“ – da schüttelt es den Shaker! Und im New Yorker Edelrestaurant „Daniel“, hier speist die feine Gesellschaft der Upper East Side formell und teuer, hält der Gourmetguru Daniel Boulud – für alle Fälle – in einem Schrank 16 Jacketts und Krawatten bereit. Gab es doch schon Fälle, dass Gäste sich beschwert haben, wenn der exclusive Dresscode am Nachbartisch nicht eingehalten wurde.

Papa, hier darf man ja doch Jeans anziehen“, krähte eine helle Knabenstimme im Frühstücksraum von „Schloss Friedrichsruhe“, der Gourmetidylle bei Öhringen. Ein Paar – er in Jeans – hatte sich gerade an den Tisch gesetzt. Man konnte sich die Familienszene lebhaft vorstellen: Tage vor dem Besuch im Top-Hotel hatte der Vater dem Sohn Tischmanieren eingeimpft und Kleidungsvorschriften ausgegeben, und dazu gehörte eben striktes Jeansverbot. Und nun das. Untergrabung der väterlichen Autorität, Siegerjubel beim Junior. (Das Jeansverbot wurde dann im Gespräch relativiert: beim Frühstück geht das ja……).

Eine Reisejournalistin gebrauchte bei ihren weltweiten Beobachtungen des Kleidungs- und Outfitgehabes der urlaubenden Menschheit in einer FAZ-Kolumne den treffenden Ausdruck „optische Umweltverschmutzung“ angesichts der Hängebäuche über Bermudashorts, nackter Knallwaden und baren Füßen in Badelatschen in den Hotelhallen und Abflugarealen. Aber darüber gibt es ja wohl bei der Ronde keine Diskussion. Den meisten macht es ja Spaß, sich zu einem Treffen mit gleichgesinnten Geniesserfreunden nett anzuziehen und dem Anlass angemessen. Dass im Theater inzwischen gar keine Kleidervorschriften mehr gelten, hat damit zu tun, dass man jüngere Leute und eher bildungsferne Schichten dem Theater zuführen will. Ob man sich mit lässigen Alltagsklamotten in der Oper allerdings einen Gefallen tut, sei dahingestellt.

Wie geht man mit „optischen Umweltverschmutzern“ um? Nicht hingucken ist eine Möglichkeit, hingucken und snobistisch die Augenbrauen heben, hat meist keinen erzieherischen Wert. Aber wir können hoffen, dass die Erziehungsmaßnahmen von Dieter Müller, ehedem in seinem Gourmetrestaurant von Schloss Lehrbach, Schule machen und von seinem Nachfolger genauso gehandhabt werden: Gäste, die seinen Vorstellungen vom angemessenen Dresscode nicht entsprachen, ließ er in einer uneinsehbaren Ecke plazieren!

Vieles würde noch in die Kolumne „Desscode im Wandel“ und „Benimm im Restaurant “ passen. Zu laut, ungezogen, unsensibel, nervig – schlechte Karten bei schlechter Kinderstube. Wie geht ein Restaurantchef mit Gästen um, die nicht erscheinen? Kommen wir allmählich dazu, dass man bei der Tischreservierung die Nummer der Kreditkarte hinterlassen muss? Mit den Rauchern haben wir ja keine Probleme mehr, aber wie wehrt man sich gegen lautstarke Handybenutzer? Der Ober, die Bedienung traut sich nicht etwas dagegen zu sagen, der Gast will sich auch nicht anlegen mit dem Nachbartisch – was sind denn so die Erfahrungen von Rondefreunden? Das würde uns interessieren.

(Jutta Stork–Felke)